Wohnen & Gesellschaft

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Arnd Fittkau und Thomas Eiskirch
Städte & Quartiere

Gemeinsam gegen Wohnungslosigkeit: Initiative "Endlich Zuhause!"

Die Stadt Bochum und die dort tätigen Wohnungsunternehmen arbeiten zusammen, um wohnungs- und obdachlosen Menschen zu helfen. Im Gespräch diskutieren Bochums Oberbürgermeister Thomas Eiskirch und Vonovia Vorstand Arnd Fittkau über soziale Verantwortung und die Zukunft der Innenstädte. Für Vonovia ist dabei eines ganz klar: Als aktiver Teil der Gesellschaft engagiert sich das Unternehmen nicht nur gegen Wohnungslosigkeit, sondern auch in vielen anderen sozialen Aspekten des urbanen Zusammenlebens.

  • Arnd Fittkau ist seit 2019 Mitglied im Vorstand der Vonovia SE. Als Geschäftsführer war er zuvor für mehrere Vorgänger- bzw. Tochtergesellschaften des Vonovia Konzerns verantwortlich
  • Thomas Eiskirch ist seit 2015 Oberbürgermeister von Bochum. Zuvor saß er seit 2005 für die SPD im Landtag von Nordrhein-Westfalen

Interview: Christian Bück Fotos: Dominik Asbach


Arnd Fittkau und Thomas Eiskirch
Verantwortung: Fittkau und ­Eiskirch suchen nachneuen Konzepten für die Innenstädte nach Corona.
Arnd Fittkau und Thomas Eiskirch
Verantwortung: Fittkau und ­Eiskirch suchen nachneuen Konzepten für die Innenstädte nach Corona.

Alleine in Bochum gibt es mehrere Hundert Obdach- bzw. Wohnungslose. Wie geraten Menschen in eine solche Situation?

Eiskirch: Die Ursachen für Obdach- und Wohnungslosigkeit sind so individuell wie die Situation der Betroffenen. Kein Wohnungsloser hat die gleichen Hintergründe wie der nächste. Es gibt Menschen, die zum Beispiel wegen eines Brandes oder eines großen Wasserschadens ihre Wohnung verlieren. Ihnen kann in der Regel innerhalb kurzer Zeit geholfen werden. Schwieriger ist die Situation für Familien mit vielen Kindern, die eine größere Wohnung brauchen. Besonders schwer haben es Menschen, die auf der Straße leben. Viele von ihnen haben psychische Belastungen und ertragen es beispielsweise nicht, über sich ein Dach zu haben. Schon diese wenigen Beispiele zeigen, dass es eine sehr große Bandbreite an Ursachen gibt – und dass wir als Stadt mit einer ganzen Palette von Angeboten darauf reagieren müssen.

Fittkau: Wir als Wohnungsunternehmen erleben die Situation genauso. Die Ursachen für Obdach- oder Wohnungslosigkeit sind so individuell wie das Leben selbst. Bei der Unterstützung, ein neues Zuhause zu finden, sehen wir uns auch mit ganz praktischen Herausforderungen konfrontiert: Es geht ja darum, jeden Einzelnen sehr feinfühlig bei der Suche nach einer neuen Wohnung und der Ankunft in einer neuen Hausgemeinschaft zu begleiten. In der Pandemie ist dieser Weg besonders schwierig, weil diese Menschen in der Regel nicht alleine zu einer Wohnungsbesichtigung gehen können. Aufgrund der aktuellen Hygienevorschriften ist es aber derzeit nicht möglich, eine Sozialarbeiterin oder einen Sozialarbeiter zu solchen Terminen mitzubringen.

Im August letzten Jahres haben die Stadt Bochum und die hier tätigen Wohnungsunternehmen eine Kooperationsvereinbarung unterschrieben, für die Hilfe obdachloser und wohnungsloser Menschen. Worum geht es bei dieser Initiative?

Eiskirch: Mit unserer Initiative setzen wir in Bochum das nordrhein-westfälische Landesprojekt „Endlich ein Zuhause!“ um und weiten es aus. Wir haben es an die Verhältnisse in unserer Stadt angepasst und in eine neue Dimension gebracht: Unser gemeinsames Ziel ist es, in Zukunft jedes Jahr etwa ein Prozent des Wohnungsbestandes der großen Bestandshalter für Wohnungs- und Obdachlose zu reservieren – das sind rund 200 Wohnungen. Die Wohnungswirtschaft in Bochum war sofort zur Teilnahme bereit, sodass wir mit der Initiative offene Türen eingerannt haben. Und es hat sich schon einiges getan: 20 Haushalte konnten bisher in neue Wohnungen vermittelt werden. Unter Corona-Bedingungen ist das eine ermutigende Zahl, und ich gehe davon aus, dass die Initiative nach Ende der Pandemie noch deutlich an Fahrt aufnehmen wird.


Arnd Fittkau, CRO von Vonovia
Mehr Bewusstsein: Arnd Fittkau will auf das Thema Wohnungslosigkeit aufmerksam machen.

Konkrete Angebote für Hilfe bei Wohnungslosigkeit

Was hat Vonovia dazu bewogen, sich an dieser Initiative zu beteiligen?

Fittkau: Für uns war es sofort klar, dass wir uns an dieser Initiative beteiligen. Wir sind Teil der Gesellschaft und wir sind ein Teil von Bochum.
Unser Selbstverständnis ist ganz klar: Wir vermieten nicht einfach nur Wohnungen, sondern wir geben Menschen ein Zuhause. Und wir stehen besonders für diejenigen Menschen in der Gesellschaft mit sehr konkreten Angeboten ein, die unsere Hilfe am dringendsten benötigen.
Wir wollen dazu beitragen, dass es ein Bewusstsein dafür gibt, dass Wohnungslosigkeit ein großes Thema ist, das viele Menschen – darunter auch viele Kinder – betrifft. Und dass es Hilfe bei drohender Wohnungslosigkeit gibt. Darum beteiligen wir uns auch in elf weiteren Kommunen in Nordrhein-Westfalen an der Initiative „Endlich ein Zuhause!“. Und es läuft überall vielversprechend, was mich sehr erfreut.

Arnd Fittkau, CRO von Vonovia
Mehr Bewusstsein: Arnd Fittkau will auf das Thema Wohnungslosigkeit aufmerksam machen.

Vonovia engagiert sich auch auf anderen Gebieten. Welche sozialen Projekte liegen Ihnen ebenfalls am Herzen?

 Fittkau: Seit März 2020 läuft beispielsweise unsere Kooperation mit der Deutschen Bahn. Deren Beschäftigte bekommen bei sonst gleichen Voraussetzungen einfacher einen Besichtigungstermin und können eine Wohnung aus unserem Bestand kautionsfrei anmieten.
Innerhalb der ersten zwölf Monate kamen so mehr als 120 neue Mietverhältnisse zwischen Bahn-Mitarbeitern und Vonovia zustande. Wir tun das, weil die Deutsche Bahn die wichtige Aufgabe hat, mehr Menschen auf die Schiene zu bringen. Dafür braucht sie mehr Mitarbeiter: Derzeit hat die DB ungefähr 20.000 offene Stellen, und die künftigen Bahn-Beschäftigten müssen bezahlbaren Wohnraum in den Metropolen finden können. Dabei wollen wir helfen und so zur Mobilitätswende beitragen. Ein weiteres wichtiges Projekt ist „Silbernetz“: Der dahinterstehende Verein organisiert deutschlandweit eine private Telefonseelsorge und vermittelt einsamen älteren Menschen regelmäßige Kontakte.
Das trifft natürlich auch auf Mieterinnen und Mieter zu, die bei uns zu Hause sind. Gesprächsangebote sind so wichtig, damit sich Menschen nicht allein fühlen. Wir versuchen deshalb Nachbarschaften zu stärken, aber gerade in Corona-Zeiten gewinnt auch der telefonische Kontakt an Bedeutung. Unsere Größe und unser Netzwerk spielen eine wichtige Rolle dabei, möglichst viele Menschen zusammenzubringen.


Wir vermieten nicht einfach nur Wohnungen, sondern wir geben Menschen ein Zuhause

Arnd Fittkau - ist seit 2019 Mitglied im Vorstand der Vonovia SE.

Thomas Eiskirch, Oberbürgermeister von Bochum
Neue Dimension: Thomas Eiskirch hat mit seiner Initiative offene Türen eingerannt.
Thomas Eiskirch, Oberbürgermeister von Bochum
Neue Dimension: Thomas Eiskirch hat mit seiner Initiative offene Türen eingerannt.

Corona ist aber auch für die Kommunen eine große Herausforderung. Was wollen Sie tun, um der Verödung der Innenstädte entgegenzuwirken?

Eiskirch: Die gute Nachricht ist: Wir haben uns schon vor der Pandemie mit dem Thema beschäftigt und einen Zukunftsplan für Bochum entwickelt. Er beantwortet Fragen wie: Was bedeutet die Digitalisierung für die Innenstädte? Wie kann man die Fertigung wieder in die Stadt bringen? Was kann man tun, um das Wohnen im urbanen Raum wieder attraktiv zu machen? Ich bin mir sicher, dass die Innenstädte in Zukunft nicht mehr alleine durch den Handel geprägt sein werden. Stattdessen brauchen sie eine dauerhafte Belebung durch Kultur, durch Aufenthaltserlebnisse für die ganze Familie und insbesondere durch Wohnen – denn dann sind die Menschen nicht nur zum Einkaufen, sondern dauerhaft in der Stadt, quasi 24/7. Darum wird in Bochum hinter dem Rathaus ein großes neues Wohngebiet entstehen, und direkt gegenüber soll unser „Haus des Wissens“ Volkshochschule, Bibliothek, eine große Markthalle und die „UniverCity“ vereinen. Das wird sicher ein Anziehungspunkt für die Bochumerinnen und Bochumer, aber auch weit darüber hinaus.

Wie wollen Sie Mieten – ob für Wohnraum oder Gewerbe – in den Innenstädten bezahlbar machen?

 Eiskirch: Dazu muss man sich die derzeitige Nutzung der Innenstadt-Immobilien ansehen. Oft ist derzeit nur das Erdgeschoss zu relativ hohen Quadratmeterpreisen an den Handel vermietet. Die oberen Etagen stehen in vielen Fällen wegen der heute geltenden Bauvorschriften – etwa für den Brandschutz –leer. Das ist natürlich nicht klug. Hier müsste man sich die bestehenden gesetzlichen Vorgaben ansehen, um die Geschosse oberhalb des Einzelhandels attraktiver zu machen und dort Mieteinnahmen zu erlösen. Das würde wiederum Spielräume schaffen, um die Mieten im Erdgeschoss zu senken und neben dem Handel auch hochwertige Dienstleistungen ansiedeln zu können. Das könnte vielen Menschen helfen, die sich nach der Pandemie mit einer innovativen Idee selbstständig machen wollen.

Was hat Vonovia aus der Pandemie gelernt?

Fittkau: Quartiersentwicklung und urbanes Leben sind auch für uns zentrale Themen und gehören zu unseren schönsten Disziplinen. Wir haben in Deutschland rund 580 Quartiere mit fast 270.000 Wohnungen. Wenn die Innenstädte nach der Pandemie als Orte für das Wohnen wieder attraktiver werden, stellen wir unser Know-how dafür natürlich gerne zur Verfügung. In Bochum-Weitmar entsteht derzeit zum Beispiel nicht nur unsere Energiezentrale der Zukunft, in der wir zukunftsfähige und klimaschonende Technologien zur Energieerzeugung testen, sondern auch ein wunderbar buntes Quartier mit Neubauten, Nachverdichtung, Dachgeschossaufstockung und Mieter-Workshops zur Wohnumfeldgestaltung. Die Pandemie hat aber auch die Beziehung zwischen Vonovia und unseren Mietern gestärkt: Die vor der Pandemie entwickelte und gut genutzte Mieter-App „Mein Vonovia“ wurde während Corona noch stärker als bisher von unseren Kunden genutzt, um mit uns zu kommunizieren. Die Nutzerzahlen der App sind sprunghaft angestiegen. Die Pandemie hat so auch als Beschleuniger für die Digitalisierung von Vonovia und der gesamten Wohnungswirtschaft gewirkt.


Die Wohnungswirtschaft in Bochum war sofort zur Teilnahme bereit

Thomas Eiskirch - ist seit 2015 Oberbürgermeister von Bochum.

Arnd Fittkau, CRO von Vonovia
VfL-Fan: Arnd Fittkaus Herz schlägt für den Bochumer Fußball. Vonovia ist Sponsor des Vereins.

Vonovia hat die Partnerschaft mit dem VfL Bochum vorzeitig bis 2026 verlängert. Ist das ein bewusstes Signal in der Corona-Krise, und welche Rolle spielt diese Partnerschaft für die Menschen in der Region?

Fittkau: Der VfL Bochum ist für uns eine Herzensangelegenheit, denn als bodenständiger und leidenschaftlicher Fußballverein passt er sehr gut zu uns. Darum ist es eine große Freude, diesen Verein mit seinem äußerst positiven Image zu unterstützen. Das sehen sicher auch viele unserer Mitarbeiter so, von denen viele – falls Corona es nicht gerade unmöglich macht – samstags im Stadion sind und ihren VfL Bochum anfeuern.

Eiskirch: Als Fan stehe ich normalerweise ebenfalls regelmäßig in der Ostkurve – mal jubelnd, mal verzweifelnd. Neben der emotionalen Bindung vieler Bochumerinnen und Bochumer an den VfL gibt es einen weiteren Aspekt, der den Verein für mich als Oberbürgermeister so wichtig macht: Kaum ein Thema wie der Fußball erzeugt so große nationale und internationale Sichtbarkeit. Besonders schön ist es dann natürlich, wenn der Verein auch über seine eigenen Fans hinaus ein so positives Image hat. Das Engagement von Vonovia freut mich sehr, weil die Bochumer dadurch ihr „Ruhrstadion“ zurückbekommen haben und weil ein solcher Partner auch bei anderen hochkarätigen Sponsoren Türen leichter öffnen lässt. Die Verlängerung ist darum ein wichtiges Signal für die Menschen in Bochum und der Region.


Arnd Fittkau, CRO von Vonovia
VfL-Fan: Arnd Fittkaus Herz schlägt für den Bochumer Fußball. Vonovia ist Sponsor des Vereins.