Für den britischen Publizisten David Goodhart haben die Veränderungen der vergangenen Jahrzehnte in den wohlhabenden Industrienationen zu zwei neuen „Klassen“ geführt, die sich in ihren Lebens- und Fühlweisen radikal unterscheiden. So gebe es die „Anywheres“ (die „Nirgendwos“), die meist in einer Großstadt wohnen, aber örtlich absolut ungebunden sind. Und es gibt laut Goodhart die „Somewheres“ (im Sinne von „Dagebliebenen“), die aus unterschiedlichen Gründen an einem Ort geblieben sind. Die Anywheres verfügten über die Macht der Deutung, was progressiv und liberal ist. Ihr Selbstbewusst- sein speise sich aus dem beruflichen Erfolg. Die Somewheres dagegen definierten sich eher über einen Ort, eine Subkultur oder die Nation, weil ihre berufliche Identität in der liberalen Wissensgesellschaft weder für Stolz noch beruflichen Aufstieg steht. Nach Goodhart stehen diese beiden Klassen in einer Form der Auseinandersetzung, in der es nicht um Stadt oder Land, sondern um Lebensgefühle und Chancen, um Deutungshoheit und Stolz geht – und um Identität. Entscheidend für die soziale Zugehörigkeit sei nicht der Wohnort, sondern die Fähigkeit, auf den gesellschaftlichen Wandel zu reagieren.
Die Auseinandersetzung um den Begriff reicht längst über das Stadt-Land-Gefälle hinaus. „Sind diese beiden Milieus wirklich so homogen und so getrennt voneinander?“, fragt der Zukunftsforscher Matthias Horx. „Haben wir als Menschen, egal ob Land- oder Stadtbewohner, nicht immer beides in uns: den Lokalisten und den Globetrotter, den Heimatsucher und den Veränderer?“ Für Horx spricht gerade der Heimatbegriff alle Milieus an, weil er so viele verschiedene Deutungsmöglichkeiten anbietet.