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Politik & Wohnen

So wichtig ist Gemeinschaft für die Stadtplanung der Zukunft

Mit der Corona-Pandemie haben sich die Anforderungen an die Stadtplanung verändert. Eines ist dabei sicher: Einer guten Nachbarschaft kommt eine zentrale Bedeutung zu.

Drei Thesen zur Zukunft der Stadt.

Text: Christian Hunziker | Illustration: Anton Hallmann/sepia



Christine R. aus Osnabrück hat in den vergangenen Monaten eine tägliche Routine entwickelt. Seit den Corona-Maßnahmen im Frühjahr 2020 hat sie es sich angewöhnt, mit ihrer im selben Mehr- familienhaus wohnenden betagten Vermieterin einmal am Tag spazieren zu gehen, berichtet die behinderte Mieterin in einem Leserbrief. „Wir erzählen uns die Sorgen und haben mehr Verständnis für den anderen“, sagt Christine R.

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Die Menschen rücken zusammen

So ähnlich haben es im Jahr 2020 viele Menschen in Deutschland gemacht: Sie sind näher zusammengerückt. Als Mitte März der erste Lockdown verkündet wurde, verfünffachte sich schlagartig die Zahl der täglichen Neuanmeldungen beim Nachbarschaftsportal nebenan.de. Und in einer Befragung, die das Institut InWIS und die Fachhochschule Münster im Auftrag des nordrhein-westfälischen Gesundheitsministeriums durchführten, erklärte jeder Vierte, sich im Zuge der Corona-Pandemie in der Nachbarschaftshilfe engagieren zu wollen.

Viele Menschen messen einer guten Nachbarschaft einen hohen Wert bei“, bestätigt Jan Üblacker, der als Inhaber der von Vonovia finanzierten Stiftungsprofessur für Quartiersentwicklung an der EBZ Business School in Bochum forscht. Ähnliche Erfahrungen hat auch Dirk Brunnert, Geschäftsführer Nord von Vonovia, gemacht. „Wir haben verstärkt festgestellt, dass ein intaktes Wohnumfeld und eine gute Nachbarschaft für unsere Mieterinnen und Mieter sehr wichtig sind“, sagt er. „In dieser schwierigen Situation haben wir nach Lösungen gesucht und unsere Kunden unterstützt, indem wir beispielsweise eine Stundung der Miete angeboten haben, wenn ein Mieter kaum mehr Einnahmen erzielt hat. Darüber hinaus haben wir aber auch wahrgenommen, dass sich viele Nachbarn gegenseitig geholfen haben.“


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Neue Herausforderungen für die Stadtentwicklung

Trotzdem waren es für viele Menschen schwierige Monate – vor allem für diejenigen, die in den Innenstädten auf beengtem Raum leben. Viele von ihnen wünschten sich in dieser Situation mehr Grün, mehr Abstand und mehr Bewegungsfreiheit, als sie kleine Wohnungen in dicht bebauten Stadtteilen bieten können. Gefragt sind darum beim Städtebau in Zukunft nicht nur Antworten auf die Alterung der Gesellschaft, den drohenden Klimawandel und die akute Wohnungsknappheit, sondern auch Lösungen für den Wunsch nach einem Leben, das nicht von „Dichtestress“ geprägt ist.

Das könnte einen veritablen Paradigmenwechsel in der Stadtplanung zur Folge haben. Der Architekturhistoriker Niklas Maak vertritt die These, dass die Bauhaus-Bewegung mit ihrem Motto „Licht, Luft und Sonne“ eine Reaktion auf die Spanische Grippe war, die von 1918 bis 1920 weltweit schätzungsweise bis zu 50 Millionen Menschen das Leben kostete. Statt dunkler, schlecht belüfteter Mietskasernen mit engen Hinterhöfen entwarfen Bruno Taut und andere Protagonisten der baulichen Moderne Zeilenbauten, die eine Durchlüftung jeder Wohnung sicherstellten. Die Spanische Grippe war allerdings nicht allein ausschlaggebend für diese Neuorientierung: Bereits vor dem Ersten Weltkrieg hatten in den Arbeitervierteln Tuberkulose, Cholera und Typhus grassiert, sodass Ärzte schon seit Langem gesündere Wohnverhältnisse forderten.

Auch jetzt könnten sich bereits vorhandene Entwicklungen beschleunigen. „Die Corona-Pandemie verstetigt Trends, die es schon vorher gegeben hat“, formuliert es Reiner Nagel, Vorstandsvorsitzender der Bundesstiftung Baukultur. Intensivieren dürften sich dabei vor allem drei Trends in der Stadtplanung.

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Die Corona-Pandemie verstetigt Trends, die es schon vorher gegeben hat.

Reiner Nagel - Bundesstiftung Baukultur

Trend 1: Die Stadt bleibt attraktiv

„Die Anziehungskraft der Stadt als wirtschaftlicher, kultureller und sozialer Schmelztiegel bleibt bestehen“, sind die Experten der internationalen Immobilienberatungsgesellschaft JLL überzeugt. Sie widersprechen damit der zuletzt häufig geäußerten These, wonach Großstadtbewohner in großer Zahl in Kleinstädte oder gar aufs Land ziehen werden, um der Enge der Stadt zu entkommen. Die Städte werden attraktiv bleiben – und sich gleichzeitig verändern: Reiner Nagel plädiert dafür, Freiräume sorgfältig zu gestalten und durch eine Kombination von urbaner Dichte und grünem Umfeld die Lebensqualität zu erhöhen.

Zu mehr Lebensqualität trägt auch eine breitere Palette an Nutzungen bei. Der Berliner Stadtplaner Christoph Kohl will deshalb bei der Nutzung der Erdgeschosszone von der Fixierung auf den Einzelhandel wegkommen. „Kita, Seniorentreff, Künstleratelier, Reparaturwerkstätten, ehrenamtlich betriebene Einrichtungen – solche Nutzungentragen viel mehr zu einem lebendigen Quartier bei als die ewig gleichen Läden“, ist er überzeugt.


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Trend 2: Neue Chancen für Quartiere

Daraus ergeben sich neue Chancen für Quartiere außerhalb der Stadtzentren: Urbanes Leben verlagert sich zunehmend in die Stadtteile, da man dort alles findet, was man zum Leben braucht. Reiner Nagel vertritt die These, dass sogar Einfamilienhausgebiete „ergänzende Angebote an Dienstleistungen und Arbeitsplätzen benötigen, damit aus ihnen Siedlungen und perspektivisch Stadtteile werden“. Und Soziologieprofessor Jan Üblacker spricht sich für wohnortnahe Dienstleistungen wie Läden, Friseursalons und Arztpraxen aus, die „eine gewisse Lebendigkeit in einem Quartier erzeugen“.

Solche Ansätze setzt Vonovia bereits jetzt um. So hat das Unternehmen im Eltingviertel in Essen durch die Umgestaltung von Freiflächen, die Ansiedlung eines Cafés und die Aufstellung einer aus einem Wettbewerb hervorgegangenen Skulptur dem historischen Stadtteil zu neuer Attraktivität verholfen. Und im Ziekowkiez im Berliner Bezirk Reinickendorf realisiert Vonovia derzeit ein zukunftsweisendes Quartiersumbauprojekt. Dabei werden die Modernisierung von 1.100 Wohnungen und der Neubau von bis zu 600 Wohnungen durch Infrastrukturmaß- nahmen ergänzt, die unter anderem den Bau einer Kita und die Schaffung zusätzlicher Einkaufsmöglichkeiten umfassen.

Nachbarschaft ist der Kernbegriff

Christoph Kohl - Stadtplaner aus Berlin

Trend 3: Nachbarschaft gewinnt an Bedeutung bei der Stadtplanung

Nicht nur im Eltingviertel und im Ziekowkiez, sondern ganz grundsätzlich zeigt sich der Wunsch nach menschlicher Nähe. „Nachbarschaft ist der Kernbegriff“, betont Stadtplaner Kohl. „Wir brauchen nichts dringender als Gesellschaft.“ Dabei kann, wie Quartiersexperte Jan Üblacker ausführt, auch die Digitalisierung hilfreich sein. Besonders interessant sind seiner Ansicht nach Apps, welche die Kommunikation unter Nachbarn fördern. „Wohnungsunternehmen, denen große Quartiere gehören, können darüber nachdenken, wie sie Technologie gezielt nutzen können, um eine gute Nachbarschaft zu fördern“, sagt er. Allerdings müssten die Mieter das auch wollen. „Vielleicht“, ergänzt Üblacker, „ist am Ende ein Hochbeet, an dem die Bewohner gemeinsam gärtnern, das bessere Mittel.“



Interview Eva Lohse

„Bezahlbarer Wohnraum ist Mangelware.“

Dr. Eva Lohse, Vorsitzende des ZIA-Kommunalrats, fordert eine gemeinsame Anstrengung von Kommunen und Wohnungsunternehmen.


Malte Hollstein - Leiter des Kundenservices bei Vonovia
Malte Hollstein - Leiter des Kundenservices bei Vonovia

3 Fragen an Malte Hollstein:

1. W&G: Die Corona- Pandemie hat gezeigt, wie wichtig für die Menschen ihr unmittelbares Wohnumfeld und damit auch die Leistungen ihres Vermieters sind. Herr Hollstein, wie zufrieden sind die Mieter mit Vonovia?

Malte Hollstein: Die Kundenzufriedenheit liegt uns nicht nur am Herzen, sondern ist auch Bestandteil unseres Steuerungssystems. Bei Vonovia messen wir einmal im Quartal die Zufriedenheit unserer Kunden durch Befragungen – übrigens so oft und so regel- mäßig wie kaum ein anderes Wohnungsunternehmen. Die Anzahl derjenigen Mieter, die uns ein gutes Zeugnis ausstellen, steigt stetig seit der ersten Erhebung.

Im gesamten Unternehmen arbeiten wir kontinuierlich daran, den Anteil der zufriedenen Kunden zu erhöhen.


Malte Hollstein - Leiter des Kundenservices bei Vonovia
Malte Hollstein - Leiter des Kundenservices bei Vonovia

2. W&G: Vonovia hat eine Mieter-App eingeführt. Wie kann die Digitalisierung zur Steigerung der Mieterzufriedenheit beitragen?

Malte Hollstein: Die Mieter- App ist mit über 147.000 Downloads und 47.000 Nutzern täglich ein voller Erfolg. Viele Dinge kann man dort ganz einfach online erledigen: Reparaturen melden, Abrechnungen und Belege einsehen, das Mietkonto verwalten und Zahlungen anpassen. Mit der App wer- den wir noch transparenter für unsere Kunden und ergänzen den traditionellen Service um ein digitales Angebot. Ab 2021 übrigens auch für Wohnungssuchende.

3. W&G: Welche Maßnahmen planen Sie, um den Service für Ihre Kunden weiter zu verbessern?

Malte Hollstein: Im gesamten Unternehmen sind viele große und kleine Maßnahmen auf den Weg gebracht worden. Sie alle vereint ein Grundgedanke: Wenn alles gut ist, gibt es kaum Anlass zu Kommunikation zwischen Mieter und Vermieter. Der Anlass entsteht meistens, wenn etwas in der Wohnung repariert werden muss oder es rund um die Mietzahlung Klärungsbedarf gibt. In diesen Fällen wollen wir nachhaltig Reaktionsgeschwindigkeit, Verbindlichkeit und Transparenz erhöhen.